Seit Februar ist es hier ja etwas ruhig auf diesem Blog geworden. Das hat hauptsächlich zwei Gründe: Zum Einen habe ich tatsächlich einen Job beim WDR bekommen (irgendwann hab ich ja mal geschrieben, dass ich mich da beworden hab, ich weiß gerade nicht mehr wo), was zu einigem Hin und Her, Papierkram, Einarbeitung etc. geführt hat und zum Anderen ist unsere dritte Mitbewohnerin sehr kurzfristig ausgezogen und wir haben einen Großteil der Zeit damit verbracht, eine Neue zu suchen und das ein oder andere Möbelstück zu ersetzen. Zusätzlich zu unserer neuen Mitbewohnerin sind jetzt auch noch meine beste Freundin und ein weiterer Freund, die kurzfristig in Köln unterkommen mussten bei uns eingezogen.
Hier ist gerade also ziemlich viel los und das hatte den Nebeneffekt, dass ich allen bis dato unbekannten Menschen, denen ich in den letzten Wochen so begegnet bin mitteilen "musste", dass ich Veganerin bin. Puh. Darüber hatte ich vorher auch gar nicht nachgedacht, meine Familie, meine Freunde und Kollegen wussten eigentlich alle bescheid. Ok, es hat nicht jeder gleich gut verstanden, "was das ist", aber immerhin wussten alle zumindest "dass da was ist".
Während unserer Mitbewohnersuche habe ich mich dazu entschlossen, gleich dazu zu sagen, dass ich vegan lebe, hauptsächlich, weil ich wissen wollte, wer wie reagiert. Beim WDR habe ich das auch allen schon bei der ersten Gelegenheit gesagt, weil es mir lieber ist, wenn man um mich herum darüber bescheid weiß, so dass ich nicht in unangenehme Situationen gerate. Und das ist auch gleich das richtige Stichwort, unangenehm finde ich es wirklich. Wenn ich so im Gespäch darauf kam und das gesagt habe, haben die meisten eigentlich auch ganz locker reagiert, weil ich selbst auch versuche, das möglichst unverkrampft einzubringen. Trotzdem sind es natürlich immer die selben Fragen, Gespräche, Argumente.
"Ach, VEGAAAAAN?! Oh."
"Mh, ok, aber wieso denn?"
"Neeee, aber Kühe müssen nur ein mal ein Kalb bekommen, dann geben die ihr ganzes Leben lang Milch."
"Aber für Eier stirbt ja niemand!"
"Wenn ich dir jetzt Eier von meinen glücklichen Hühnern mitbringen würde - ehrlich, die sterben auch nen natürlichen Tod und haben total viel Auslauf - würdest du die dann auch nicht essen?"
"Daniiiii, was isst du denn da, das ist doch nie im Leben vegan!"
"Tut mir leid, aus dem Kiosk darfst du jetzt bestimmt nichts essen."
"Stört dich das jetzt, wenn ich am selben Tisch Fleisch esse? - das selbe Messer benutze wie du? - wenn Fleisch und so im Kühlschrank liegen?"
"Ich ess das auch kaum. Also außer Frischkäse, Quark, Joghurt, Fisch und Hühnchen."
"Lass mal sehen!" - "Was isst du denn da?" - "Wie hast du das gemacht und was ist da drin?"
usw. ...
Halleluja. Irgendwie kennen wir das ja alle, aber das war dann wirklich sehr geballt. Das witzigste war aber, als uns unser Besuch aus Spanien eine Freude bereiten wollte und uns ca. fünf spanische Würste mitgebracht hat. Er tat mir leider etwas leid, weil er nicht wusste, dass meien Mitbewohnerin und ich kein Fleisch essen und ich deswegen einfach lachen musste. Zum Glück ist er aber ziemlich locker und isst die Würste jetzt mit allen anderen nichtvegatarischen Menschen, die bei uns so zu Besuch sind. Insgesamt finde ich es aber positiv, dass fast jeder eher neugierig ist und auch gerne mitisst, wenn ich koche.
Für mich ist es definitiv am unangenehmsten, wenn ich Essen ablehnen muss. Bei den Würsten war es noch in Ordnung, aber zum Beispiel hatte an meinem ersten Tag beim WDR jemand seinen letzten Tag und für alle Donouts mitgebracht. Ich hab abgelehnt - habe mir Scherze darüber angehört, dass ich doch keine Diät machen brauche - mich bedankt, aber gesagt, dass ich Veganerin bin und das deswegen einfach nicht möchte. Das war dann schon eine komische Stimmung, hinterher hat man mir auch mehr oder weniger ernsthaft gesagt, dass sei etwas unhöflich gewesen.
Unhöflich also. Vegan macht unsozial. Daran haben glaube ich viele am meisten zu Knabbern. Schwerer als der "Verzicht" fällt es mir, etwas nicht zu essen, was andere mir anbieten. Manchmal bin ich so kurz davor etwas doch zu essen, weil ich Angst habe, die Person sonst zu verletzen. Am schwersten gefallen ist mir das von Anfang an bei meiner eigenen Oma und auch bei den Großeltern von meinem Freund, aber auch immer dann, wenn ich mal irgendwo zu Gast bin. Einige Menschen verstehen nicht, warum ich das mache, den meisten werfe ich das auch nicht vor, aber es ist dann natürlich entsprechend anstrengend. Andere Menschen betreiben dann so viel Aufwand, dass ich es gleichzeitig rührend und unangenehm finde. Ich möchte einfach gar nicht so gern diese Extrawurst-Person sein, obwohl ich selbst auch kein Problem damit habe, wenn meine Gäste dieses oder jenes nicht essen und würde auch selbstverständlich zumindest eine Alternative anbieten.
So unangenehm mir das auch ist, es ist ein Teil von mir und den möchte ich nicht verraten. Ich habe mich aus freien Stücken dazu entschieden und es war von Anfang an klar, dass es unangenehme Situationen geben wird. Und irgendwann werden sich auch wieder alle neuen Menschen in meinem Umfeld daran gewöhnt haben. Wenn das für die dann auch nichts mehr Exotisches ist, habe ich meinen Normalzustand auch wieder zurück.