Also das hier ist vegan und feministisch. Weil sonst alles scheiße ist.

Sonntag, 23. Januar 2011

Rezension: Stern & Spiegel schreiben über Vegetarismus


Ich kellnere ja nebenbei und während der Frühschicht ist meist nicht so viel zu tun. Die Leute haben anscheinend weniger Lust auf Latte Macchiato und Rührei mit Speck. Stattdessen kommen sie lieber zum Abendessen und nehmen das Steak ("Aber bitte durch, ich kann nämlich kein Blut sehen."). Deswegen habe ich dann immer Zeit in Ruhe zu lesen und letzte Woche war das besonders praktisch, da sowohl Stern als auch Spiegel dem Thema Vegetarismus und Veganismus je einen Artikel widmeten, der Stern sogar das Cover.
Interssanterweise sind sich die Artikel recht ähnlich. Beide Verfasser nehmen die Perspektive eines verunsichert Bürgers ein und haben irgendwie das ungute Gefühl, dass mit ihrem Essen etwas nicht stimmen könnte. Zugleich auch ein leicht schlechtes Gewissen, weil mittlerweile keiner mehr vor den schrecklichen Umständen der Massentierhaltung die Augen verschließen kann. Man stellt sich dir Fragen "Läuft hier etwas falsch? Und wenn ja, wo sind die Fehler, wer ist verantwortlich und was kann ich selbst tun?"


Es wird Kritik geübt an Agrarsubventionen, Lobbys und der Industrie, an Haltungsbedingungen, Medikamentenverabreichungen und dem allgemeinen Umgang mit Tieren, an dem veralteten Bild des Vegetarier-Prototypen, an Gentechnik usw. Die positiven Seiten des fleischlosen Lebens werden beleuchtet: was es für den einzelnen Menschen heiße, für die Umwelt und den Welthunger. Der Vegetarier wird der gebildeten oberen Mittelschicht zugeordnet, dem so ganannten Leitmillieu, das Klischee des Ökohippies wird verworfen. Vegetarier zu sein sei hip, angesagt, kultiviert und vielleicht sogar etwas avant-gardistisch. Oder es wird verzichtet, weil man weiß, dass es für alle Beteiligten besser so ist. Positive Promibeispiele, Ernährungs-Experten/Wissenschaftler und rein vegetarisch-vegane Restaurants werden angeführt, zitiert und als Kennzeichen für einen Wandel gesetzt.


So weit, so gut. Der Vegetarier ist also klüger. Das ist schonmal schön. Nicht so schön ist aber, was der Veganer abbekommt. Er ist ein kleiner Sturkopf, wird als leicht unvernünftig dargestellt, weil er eine ideologische, starre Ethik befolge, die eigentlich nicht gut für ihn sei, "da die ausreichende Zufuhr aller Nährstoffe nicht gewährleistet sein kann." Und das trotz im Artikel aufgeführter positiver Beispiele wie Alicia Silverstone und Alexander Dargatz. Na danke.

Für die Ökobilanz sei vegetarisch oder vegan leben besser, aber kein Allheilmittel. Dewesen müsse man auch nicht so streng mit sich sein. Es würde schon reichen, wenn wir unseren allgemeinen Konsum mal etwas beleuchten, saisonal/lokal einkaufen und einfach wenig Fleisch, und wenn, dann am besten direkt vom Bauern kaufen würden. Nochmals danke.

Außerdem wurde von einem "gebrochenem Vertrag" gesprochen, den wir Menschen mit den domestizierten Tieren haben. À la "Wir geben euch ein Dach, Futter und Pflege und ihr uns dafür etwas Milch, ein paar Eier und am Ende euer Fleisch zu essen." Ich kann mir kaum vorstellen, dass das Schließen dieses Vertrags in beidseitigem Einverständnis stattfand.


Mein Fazit: Einerseits schade und natürlich nicht vollständig zutreffend. Andererseits ist wieder etwas deutlich zu erkennen: Es tut sich etwas. Denn das Bild des Vegetariers, welches hier angeprangert und verworfen wird, ist noch vor einigen Jahren von all den Medien, die jetzt ein neues Bild entwerfen selbst propagiert worden. Ich hoffe, dass das auch irgendwann mit dem Veganismus passiert. Und was ich noch viel mehr hoffe, ist, dass dies kein aktuelles Phänomen, ein Trend oder Modeerscheinung ist. So möchte ich weder Vegetarismus noch Veganismus verstanden wissen. Es ist eine Lebenseinstellung und eine Erkenntnis, die zu einer bewussten, langfristigen und konsequenten Entscheidung geführt hat. Weil es richtig ist und weil sich etwas ändern muss. Das hat nur insofern etwas mit Mode zu tun, dass in Zukunft Pelze und Lederartikel in den Geschäften hängen- und ungekauft bleiben sollen.

Ach, was mir persönlich gefallen hat, war die Anekdote des Stern-Artkels. Mit geschätzten 6 Mio. Vegetariern gebe es in Deutschland mehr von jenen, als FDP-Wähler. Ich wage einmal kühn zu behaupten, dass diese Gruppen nicht deckungsgleich sind...



Die schlechte Bildqualität bitte ich zu entschuldigen, auf der Arbeit hatte ich leider nur mein Handy bei mir.

1 Kommentar:

  1. In den Medien wird im Moment wirklich viel über Vegetarier / Veganer berichtet... Aber inwieweit sich jemand dadurch beeinflussen lässt, ist fraglich... Ich glaube Berichte über Massentierhaltungen im Fernsehen bringen da mehr, die kommen ja jetzt auch immer öfter. Aber es stimmt, es tut sich was... Und das ist auf jeden Fall ein positiver Trend...

    AntwortenLöschen