Also das hier ist vegan und feministisch. Weil sonst alles scheiße ist.

Montag, 16. Mai 2011

Glücklich bis der Sensenmann kommt.

Seit einigen Wochen hat in Köln ein neuer Burgergrill eröffnet. "Hans im Glück" heißt der Laden. Immer wenn ich in letzter Zeit daran vorbei ging, merkte ich die Wut in mir aufsteigen. Die ganzen McDonalds, Burgerking, und Kentucky Fried Chicken Filialen in der selben Ecke haben bei mir nicht diesen Effekt, die nehme ich entweder nicht mehr wahr, oder sie deprimieren mich ein wenig. Gestern bin ich wieder an dem Laden vorbei gekommen und da fiel mir auch ein, warum mich gerade dieser so wütend macht: Ich hasse es, wenn Leute sich ihr schlechtes Gewissen gut reden! 
Laut eigenen Angaben kommt das Fleisch von glücklichen Rindern. Außerdem ist alles dort total lokal und frisch und natürlich supidupi ökologisch.
Hier werden gezielt die Leute angesprochen, die eigentlich schon wissen, dass etwas falsch läuft. Menschen mit ökologischem Bewusstsein, Menschen die wissen, dass Massentierhaltung auf mehreren Ebenen irgendwie doof ist, Menschen, die bio-Produkte kaufen usw. Alle anderen gehen sowieso zu Burgerking, der ist direkt nebenan.  Die Internetseite und das gesamte Ambiente des Ladens (dadrin wachsen Bäume, die Wände sind grün und braun gestrichen usw.) suggerieren dem Kunden nah bei der Natur zu sein. Das ökologische Gleichgewicht werde nicht zerstört, wenn man hier essen kommt. Erwähnenswert ist vielleicht, dass es sogar einen "Gemüsepflanzerl" statt Rindfleisch oder Geflügel gibt. Aber das ist mir egal, selbst wenn er vegan ist, selbst wenn die Leute in dem Laden sogar wüssten, was vegan überhaupt bedeutet und selbst, wenn sie es explizit so kennzeichnen würden.

Klar mag die Haltung der dort angebotenen Tiere weniger schlecht sein, als die der Tiere, die das Doppel-Whopper-Fleisch liefern, aber mir geht es so sehr auf die Nerven, dass sich die Leute ihren Konsum so schön reden. Ich verstehe auch den Namen nicht nur als Anspielung auf den glücklichen Gast, dem satt und fröhlich alle Wünsche erfüllt werden, sondern auch als Anspielung auf das einzelne Tier, welches dort gegessen wird. Solange das Tier vor seiner Schlachtung glücklich war, ist es auf einmal nicht so schlimm es zu essen. Wie Karen Duve schon sagte "anscheinend ist es nicht in Ordnung ein Tier zu quälen, aber es ist okay ihm das Wichtigste zu nehmen was es hat: sein Leben." (Frei zitiert)
Und irgendwie erinnert mich das auch an diese Flexetarier Halbzeitvegetarier-Aktion. Damit redet man den Fleischverzehr doch nur wieder schön und jeder ist erleichtert, weil alle so weitermachen können wie vorher, es nur anders nennen.

16 Kommentare:

  1. Ich finde deine Meinung eigentlich richtig, aber man kann ja niemandem verbieten, Fleisch zu essen. Wer sich bewusst ernährt, ist ja schonmal auf dem richtigen Weg. Wenn man sich nun ernsthaft mit seiner Erährung auseinander setzen würde, so würden die mesten feststellen, das Fleischkonsum sehr umweltunverträglich ist und gesund sowieso nicht. Allerdings macht sich leider nicht jeder so viele Gedanken um sein Essen. Ich finde man sollte mit gutem Bespiel vorangehen. Übrigens habe ich gemerkt, das wirklich viele meiner Freunde und Bekannten weniger Fleisch, bis gar kein Fleisch mehr essen. Das finde ich super und fühle mich natürlich bestätigt. Aber ich denke, dass jeder für sich entscheiden muss.. Stichwort Meinungsfreiheit und so..

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  2. @ Dulchinea
    Selbstverständlich lasse ich jedem sein Recht auf Selbstbestimmung. Aber erstens sollten das die Tiere meiner Meinung nach auch haben (und es würde bestimmt keine Kuh der Welt sagen "okay, heute hab ich keine Lust mehr, kannst mich ruhig essen") und zweitens finde ich gerade bei diesem Laden, aber auch sonst in dieser "unsere-Tiere-sind-glücklich"-Industrie, dass schlicht billige Verdrängungsmechanismen eingesetzt werden, nichts weiter.

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  3. Über den Satz hab ich mich schon bei Karen Duve gewundert. Weil, ja, sieh dich um, viele Tiere essen einander gegenseitig (und was ist der Mensch anderes als ein Tier?), und nein, da sehe ich nichts abartiges daran. Abartig ist für mich nur die Vorgehensweise des Menschen, Tiere rein dafür zu halten und zu quälen. Und das kann man in der heutigen Zeit als Konsument nie ausschließen, auch bei bio nicht, deswegen ist die einzig konsequente Einstellung, auf Fleisch zu verzichten. Aber nicht weil ich den Gedanken grundsätzlich so seltsam finde, eben auch ein Raubtier zu sein.
    Den Gedanken, anderen ihre Muttermilch wegzutrinken finde ich mittlerweile viel abwegiger...

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  4. das ist so ne art ablasshandel - die leute wissen dass sie falsch handeln, und versuchen, sich ihr gewissen reinzukaufen

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  5. Wie die fette Fleischtheke beim Biosupermarkt. Ja, klar ist es besser, wenn die Leute weniger Fleisch und dafür vielleicht dann das Fleisch von gesünderen, besser gehaltenen Tieren essen, wenn man dabei davon ausgeht, dass das mit weniger Belastungen für die Umwelt und so weiter einhergeht.
    Aber gleichzeitig (und da nehm ich mich selber nicht raus bis vor kurzem)ist es genau das, was du sagst, mneme, es ist ein Ablassbrief. Sich von seinen Sünden freikaufen. Gabs schon im Mittelalter. Da wird dann nämlich nicht, was du, dulchinea, meintest, weitergedacht, sondern sich bequem drauf niedergelassen. ist ja auch einfacher. und immer noch billiger. und man ist der masse ja dann doch noch weit voraus...
    Meine Meinung und genug blabla, sorry. :)

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  6. @ Elana
    Ich habe auch nicht immer gedacht, dass es prinzipiell falsch ist. Ich hatte so einen Schlüsselmoment in dem mir klar wurde, dass der Mensch Fleisch als Nahrung nicht BRAUCHT. Also besteht keine Notwendigkeit ein Tier zu töten bei einem Raubtier sieht das eben anders aus.

    @birrd
    Das mit dem Ablasshandel hab nicht ich, sondern Mausflaus gesagt, aber ich finde das seeeeehr passend :)
    Und nix blabla ;)

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  7. Huhu,

    was genau meinst du mit "Flexetarier-Aktion"?
    Ich weiß leider nicht, worauf du dich beziehst.

    Alles Liebe,

    Krissy

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  8. Hey Krissy! Tut mir leid, erstens hab ich mich verschrieben, ich meine Halbzeitvegetarier-Aktion und zweitens hätte ich das ml ruhig verlinken können ;) Guck mal hier: http://vollvegan.blogspot.com/2011_01_01_archive.html

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  9. Sehe ich genauso wie du und ich kann diese Doppelmoral mancher beim besten Willen nicht verstehen. Ich war mal so frei und hab einen Link zu deinem Artikel auf meinem Tumblr gepostet ;)

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  10. Huhu Dani (?),

    "2 halbe Vegetarier machen auch einen ganzen" <- was für ein Schwachsinn.
    Es ist ne Frechheit, das jmd, der seinen Fleischkonsum einschränkt meint, er dürfe sich deshalb einen "halben Vegetarier" nennen.

    Man, was müssen die alle für ein schlechtes Gewissen haben, wenn sie sich derartigen Mist ausdenken, um Nachts wieder beruhigt schlafen zu können ^.^

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  11. Das ist das gleiche wie in der Weltgeschichte herumfliegen und danach schön in einen "Ausgleichsfond" einzahlen, damit man nachts wieder ruhig schlafen kann. Man hat ja gesündigt und trotzdem was Gutes getan. Und es ist auch das gleiche wie die Menschen, die meinen, wenn sie ab jetzt ihre Klamotten nur noch fair und bio kaufen, ihren Konsum aber insgesamt nicht einschränken, damit nun was Gutes zu tun. Ich könnte manchmal nur noch kotzen.

    LG,
    Monster

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  12. ich krieg langsam das kotzen, wenn ich zum thema veganismus noch einmal was von "meinungsfreiheit" lesen muss. erstens müsste das wohl "wahl- oder handlungsfreiheit" heißen. und zweitens frage ich mich, wie weit die geht: haben pädophile die auch? wenn nein, warum nicht? weil sie jemand anderem schaden, würde ich mal meinen. und das betrifft fleisch- und milchkonsumenten eben genauso. nur dass sie keinem kind, sondern einem tier schaden bzw ihm das leben nehmen.
    wann kapieren die leute endlich, dass die eigene wahlfreiheit da aufhört, wo man anderen schadet? sei es nun fleischessen, milchtrinken oder auch rauchen (ja, sorry an die armen verfolgten nikotinabhängigen, aber auch das schadet anderen). und ist damit eben nicht uneingeschränkt möglich und keine privatsache.

    sorry für den rant, aber das ist echt nicht mehr zum aushalten. super post übrigens, wollte ich eigentlich sagen...

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  13. @andere Anonym ;): Sowas ähnliches wollte ich auch erst schreiben, ich war gerade in der richtigen Stimmung. Warum ichs dann nicht gemacht habe, weiss ich auch nicht. Aber Du sprichst mir aus der Seele. Fleischessen ist verdammter Egoismus, wie irgendwie fast alles auf dieser Welt.

    LG,
    Monster

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  14. Ich bin der ähnlichen Meinung wie Dulchinea. Bio-Waren sind ein Schritt in die richtige Richtung, daran gibt es nichts zu rütteln. Sterben dadurch immer noch Tiere? Zweifellos, aber man kriegt die Menschheit nicht von heute auf morgen vom Fleisch weg. Aber man kann das Bewusstsein wecken, sobald Menschen darüber nachdenken was sie essen, kommen sie automatisch auf gewisse Schlüsse. Ich bin davon überzeugt, dass die Abkehr vom Fleisch ein Teil der menschlichen Evolution darstellt. Aber nicht in den nächsten Jahrzehnten. Der Weg dahin ist noch weit, darum erachte ich Bioläden und Biowaren (ja, auch Biofleisch) als sinnvoll, um überhaupt längerfristig sich vom Fleisch weg, hin zu einer gesünderen Lebensweise zu bewegen. Fleisch ist leider billig und überall zu haben, was die Mehrheit davor abhält sich damit auseinander zu setzen - mich eingeschlossen. Ich aß bis vor einigen Monaten auch noch unbekümmert alles was einmal auf vier Beinen stand (übertrieben formuliert). Mittlerweile esse ich nur noch dreimal in der Woche Biofleisch und habe meine Liebe für Tofu entdeckt. Ich denke das ist ein Anfang - ob in mir ein Vegetarier oder Veganer steckt weiß ich nicht, zumindest nicht in den nächsten Monaten. Der Mensch braucht Zeit, darum erachte ich die Argumentationen "Fleischessen ist Egoismus/keine freie Entscheidung/Barbarei" als kontraproduktiv. Vom ethischen Standpunkt treffen sie wohl zu, aber damit werden die Leute nicht wachgerüttelt, geschweige Schlachten gewonnen.

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  15. @ Orlindo
    Ich möchte das nochmal klarstellen, weil ich etwas Angst habe, dass das hier falsch herüber kommt. Ich habe nicht per se etwas gegen Leute, die anfangen weniger und dann bio-Fleisch zu kaufen. Ganz im Gegenteil. Nicht jeder mag diesen Wandel spontan oder überhaupt zu vollziehen. Mein Vater isst zum Beispiel jetzt auch viel seltener Fleisch und kauft das auch ganz woanders. Das freut mich total! Insofern sind wir auch einer Meinung :)
    An dieser Sache stört mich einfach, dass es bewusstes Marketing ist und man bewusst versucht, den Leuten das schlechte Gewissen wieder zu nehmen, und so eben nicht dafür sorgt, dass sich was ändert, sondern nur, das hier und da ein paar Bedingungen geändert werden, und sich dann alle wohlwollend auf die Schulter klopfen.

    Auch an alle anderen,
    vielen Dank für eure tollen Beiträge :) Manchmal schreibe ich in Rage und habe nachher Angst mich zu sehr hineingesteigert zu haben ;)

    Besonders Sharon, ich fühle mich geehrt :) :)

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  16. jawohl, das hast du alles wunderbar beschrieben! gerade nach dieser fernsehsendung mit tim mälzer ist mir klar geworden, wie gefährlich doppelmoral und wie wenig vertretbar es ist, einen "moralisch gesunden" und gewissensreinen fleischkonsum zu pflegen - vor allem, wenn nicht einmal dieser konsequent erfolgt. als mir meine akupunkturtherapeutin (die auch in chinesischer medizin ausgebildet ist) kürzlich riet, tierisches eiweiß aus milch(produkten) und eiern nach wie vor wegzulassen, aber ab und an ein stück lammfleisch zu essen, konnte ich mir das ganz und gar nicht mehr vorstellen. so krass habe ich diese abneigung am eigenen leibe ehrlich gesagt noch nie erfahren. danke für deinen post!

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