Also das hier ist vegan und feministisch. Weil sonst alles scheiße ist.

Freitag, 18. Februar 2011

Tipp: "Im Akkord zur Schlachtreife" aus dem aktuellen Spiegel

Quelle: Der Spiegel
























Der im Ende Januar im Spiegel erschienene Artikel über Vegetarismus und Veganismus war ja teilweise schon ganz nett, jedoch lange nicht ausreichend. Aber in der Ausgabe von dieser Woche (Nr. 7/14.02.11) ist ein Artikel über Geflügelproduktion, -haltung, -mästung, -züchtung usw. erschienen, der wirklich alle Fakten auf den Tisch legt. Es geht hier gar nicht darum, was der Verbraucher tun soll oder nicht, der Autor Nils Klawitter berichtet einfach schonungslos über Zustände, Konsequenzen, politische Zusammenhänge/Fehltritte usw. Ich weiß gar nicht, wie ich diesen Artikel zusammenfassen soll, praktisch jeder neue Satz beinhaltet wichtige Informationen. Deswegen liste ich euch einfach hier auf, welche Themen unter Anderem angesprochen werden:
  • Fließbandarbeit bei Sortierung, Schlachtung und Beschauung
  • "Küken sexen", männliche Küken als "Störfaktoren"
  • "Qualzüchtungen" zur wirtschaftlichen Optimierung, ohne Rücksicht auf Schmerzen, Krankheiten und sonstige Konsequenzen
  • schmerzhafte Praktiken: Schnabelamputationen, Kämme- und Zehenbeschneidungen (zum "Schutz der Tiere")
  • regelmäßiger Einsatz von Antiobiotika
  • Verlustraten von ca. 10% (ca. 1000 Tiere in durchschnittlichem Betrieb) gelten als normal
  • Agrar-Lobby in Niedersachsen (z.B: Fall Grotelüschen)
  • Unmut der Bürger
  • extrem hohe Subventionen, Expansion ins Ausland, trotz sinkender Nachfrage in Deutschland
  • Ausnahmeregelungen wie in keiner anderen Industrie (Zitat von Edmund Haferbeck, Peta)
  • Wiesenhof
  • Vergleich: Geflügel- und Salatpreise
  • Fleischindustrie -> Arbeitsplätze? Auf ca. 100.000 Hühner kommt eine Arbeitskraft
  • Preis eines Kükens: ca. 20 Cent
  • Massive und institutionalisierte Geheimhaltung
  • Kritik an Selbstkontrollsystemen
  • Seuchenrisiko in Mastanlagen 
  • massive Überdüngung und Versäuerung der Böden und Grundwässer durch zu viele Fäkalien aus Mastanlagen


Quelle: Der Spiegel


Nirgendwo im Text steht "hört auf Fleisch zu essen", "das ist alles so schrecklich", "die armen, unschuldigen Küken", oder ähnliches. Es wird nicht in Originalzeit eine Schlachtung beschrieben, sentimentale oder blutige Szenen kommen nicht vor. Sachlich beschreibt er Krankheiten und Fehlstellungen der Hühner, Vorgehensweisen am Fließband usw. Aber zwischen den Zeilen liest sich der Text höchst zynisch und anklagend. Mit jedem Satz wird ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen oder Kritik zu scheuen ein neuer Fehler im System aufgezeigt. Auch, wie Politiker und Interessenvertreter diese umgehen, geheim halten oder einfach ignorieren wird an Hand konkreter Beispiele erläutert. 

Der Leser kommt nicht umhin zu merken, dass diese Industrie bewusst Verbraucher belügt und den Kauf ihrer Produkte trotz Vorspielung falscher Tatsachen und gewollter Verschleierung der Realität als Zustimmung und Rechtfertigung nutzt. Es läuft etwas falsch und die Konsequenzen betreffen in dieser globalen Welt uns alle, Menschen, Tiere und Umwelt.

Meine Schwester hat nur ca. die Hälfte des Artikels gelesen und im Anschluss gesagt "Ich denke, ich muss mindestens Vegetarierin werden." Und ich kenne nur wenig Menschen, die so sehr auf Kohlrouladen und Steaks stehen wie sie. Natürlich haben wir in letzter Zeit oft über das Thema gesprochen, aber ich glaube, solche Artikel können "wirksamer", oder aufrüttelnder sein als alle "Habt-doch-Mitleid-mit-den-armen-Tieren"-Artikeln. Denn hier wird an Herz und Verstand appelliert.

Quelle: Der Spiegel, Nr. 7/14.02.11, S. 66-71


NACHTRAG: DEN ARTIKEL GIBT ES HIER ALS PDF DATEI.

6 Kommentare:

  1. ich hab den Spiegel-Bericht auch gelesen und finde den sehr gelungen!!!

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  2. Danke für deine Zusammenfassung, das klingt nach einem lesenswerten Artikel. Mir gefällt, dass er anscheinend Raum für eigene Gedanken und Gefühle lässt und dem Leser nicht sagt, wie er sich während der Lektüre fühlen soll. Schließlich mag niemand, wenn er bevormundet wird. Da werde ich beim Einkaufen wohl mal am Zeitschriftenregal vorbeitigern...

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  3. oh, gut, dass ich das hier noch lese, bevor es die zeitung nicht mehr gibt...die werde ich mir dann nachher noch zulegen ;)

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  4. "Ich denke, ich muss mindestens Vegetarierin werden."

    ich glaub das denken viele. Leider bleibt es beim denken.

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  5. Ich stimme dir auf jeden Fall darin zu, dass solche Aussagen oft zu inflationär benutzt werden.
    Aber wir haben in letzter Zeit viel über Ernährung geredet, sie liest gerade die China Studie und Artikel über Massentierhaltung usw. Heute haben wir uns noch einmal kurz in Ruhe unterhalten und sie scheint festentschlossen zu sein. Das freut mich so sehr!

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  6. Ein halbes Jahr später:

    Die kleine Schwester ist nunmehr zur Veganierin mutiert

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